Bücher

Louise Erdrich: Der Nachtwächter
Roman, Aufbau Verlag GmbH & Co. KG Berlin 2021, ISBN 978-3-351-03857-1, www.aufbau-verlage.de

Louise Erdrich: Der Nachtwächter Louise Erdrich zählt zu den bedeutendsten amerikanischen Autorinnen der Gegenwart. Ihr neuer Roman, ausgezeichnet mit dem Pulizter Prize for Fiction 2021, erinnert an ein vergessenes Kapitel der US-amerikanischen Geschichte. In der 1953 verabschiedeten House Concurrent Resolution 108, werden die ersten Stämme benannt, die zur Terminierung vorgesehen sind. Die Politik zielt auf die Auflösung der Reservate ab und auf die erzwungene Assimilierung ihrer Bevölkerung. Zu ihnen zählt auch der Turtle Mountain Band of Chippewa in North Dakota, das Heimatland von Erdrichs Grossvaters mütterlicherseits, eines Häuptlings.

In der Figur des Thomas Wazhashk, des Nachtwächters, wird im Roman die Figur ihres Grossvaters übernommen, alias Patrick Gourneau. Sämtliche in der Erzählung weiter vorkommende, komplexe Figuren sind an eine historische Persönlichkeit angelehnt und stehen in direktem Bezug zum Nachtwächter. Louise Erdrichs Stil ist humorvoll und erinnert oft an die indianischen Trickster oder europäischen Schelmenromane, ein stetes Nebeneinander von Realität und magischem Miteinander. Im vorgestellten Roman setzt sie gekonnt ein weiteres Denkmal ihrem reichen Kulturschatz ihrer Vorfahren. Eine meisterhafte Geschichte, die tief bewegt und deren Figuren einem während des Lesens ans Herz wachsen.


Richard Wagamese: Das weite Herz des Landes
Roman, Blessing Verlag Deutschland, www.blessing-verlag.de

Richard Wagamese: Das weite Herz des Landes In der Welt der Ojibwe geht man nach innen, um das Aussen zu beschreiben. Die Geschichte wurde in langen Nächten der Selbsterforschung und Reflexion von einer der bedeutendsten indigenen Stimmen Kanadas geschrieben, ein Roman über die heilende Kraft der Natur und des Geschichtenerzählens. Das Buch bezieht seine Kraft aus der generationenübergreifenden Verbundenheit zum Land und zu der Natur.

Das Verhältnis von Vätern und Söhnen ist ein wiederkehrendes und wichtiges Thema in Wagameses Büchern. So auch in diesem berührenden Roman voller Mitgefühl, Trauer und Einsicht. In diesem Buch ist die Geschichte der Kitt zwischen einzelnen Menschen und Generationen. Frank Starlight, der sechzehnjährige Sohn ist zwischen zwei Vätern aufgeteilt. Der nicht indigene Ziehvater Bunky lehrt den Jungen, was es heisst respektvoll mit dem Land umzugehen. Der schwer alkoholkranke, leibliche Vater Eldon schenkt Frank vor seinem Tod seine Geschichte über seine Herkunft und führt den Sohn auf einer abenteuerlichen Reise durch die Wildnis Kanadas zu seinen eigenen Ursprüngen.


Tommy Orange: Dort Dort
Roman, Hanser Berlin in der Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG, München, 2019, ISBN 978-3-446-26413-7

Tommy Orange: Dort Dort Meist sind die Geschichten über Natives verklärt, nicht so das Buch von Tommy Orange. Schonungslos räumt er mit den Klischees auf, verwoben mit alter Mythologie und Moderne. Der junge Schriftsteller aus Oakland, Mitglied des Cheyenne und Arapaho Stammes, schreibt über Native Americans unerwartet frisch, zeitnah und kritisch. Schonungslos vermittelt er in seinem Roman mit den dort porträtierten Figuren und clever miteinander verwobenen Episoden Einblicke in aktuelle Themen der Natives heute. Direkt, oft auch verstörend berichtet er über die heutige Situation der Natives in Reservaten und Städte.

Die verschiedenen Figuren sind vielstimmig und voller Leidenschaft und Wut und versuchen nicht erbärmlich und schwach zu sein in einer stimmlosen Community. Eine Gratwanderung zwischen Nähe und Distanz zur Tradition und dem Leben als Native heute. Native heute zu sein bedeutet zu erkennen Geschichte zu schreiben, indem man versucht das Leben in einem schwierigen Umfeld zu leben und zu meistern.

Ein bahnbrechender Roman, eine neue Art amerikanisches Epos und in den USA einer der grössten literarischen Bestseller der vergangenen Jahre.


Sherman Alexie: Das absolut wahre Tagebuch eines Teilzeitindianers
Jugendbuch, dtv, 2009, ISBN 978-3423247429

Sherman Alexie: Das absolut wahre Tagebuch eines Teilzeit-Indianers Wie leben die Indianer der USA in den Reservationen heute? Der Autor Sherman Alexie wurde 1966 als Spokane-Indianer in Washington geboren. Er verbrachte seine Kindheit in Reservationen. Über ihn erfahren wir in diesem Jugendendbuch mehr über die Wünsche und Träume heutiger Jugendlicher aus den Reservationen.

Durch das Tagebuch des 14-jährigen Arnold Spirit bekommt der Leser einen authentischen und überaus nahen Einblick in das heutige Reservationsleben vermittelt. Der sympathische Junge gibt uns durch seine Einträge die Möglichkeit, Ausschnitte aus seinem Alltagsleben zu erfahren. Dabei erzählt er uns von den vielen Problemen, verschweigt weder die Armut noch die Alkoholabhängigkeit vieler Indianer oder die daraus resultierenden tödlichen Unfälle nicht. Auch sein privates Umfeld ist problematisch und so beschliesst Arnold aus eigenem Antrieb etwas an seiner Situation zu verbessern. Er besucht eine Schule für Weisse und kann sich trotz anfänglicher Schwierigkeiten gut anpassen. Beispielhaft steht er für all die Mutigen, die allen Widrigkeiten zum Trotz den Schritt ins Unbekannte wagen. Ergänzt werden diese Einträge durch viele aussagekräftige Zeichnungen im Comicstil, und genau dies macht das Buch endgültig zu etwas Besonderem. Arnold Spirit ist ein ganz normaler Jugendlicher, dem die Gratwanderung zwischen zwei Kulturen in der Hoffnung auf ein besseres Leben schliesslich gelingt.


Antje Babendererde: Lakota Moon
Jugendbuch, Arena, 2006, ISBN 978-3401029368

Antje Babendererde: Lakota Moon Oliver ist 15 Jahre alt, lebt in Deutschland mit seiner geschiedenen Mutter und ist verliebt in Nina. Doch dann passiert das Unfassbare. Olivers Mutter beschliesst, einen Indianer aus dem Pine-Ridge- Reservat, Süd-Dakota, zu heiraten. Trotz heftiger Proteste muss Oliver mit seiner Mutter nach Amerika auswandern, wo nichts so ist, wie er es sich vorgestellt hat. Armut, Alkoholismus und raue Naturgesetze prägen das Leben der Menschen im Reservat. Seine neue indianische Familie versucht ihm zu helfen, in der fremden Umgebung zurechtzukommen. Trotzdem muss er gegen grosse Wiederstände ankämpfen. Da möchte Oliver nur noch eins: So schnell wie möglich zurück nach Deutschland zu Nina.

Die 1963 in Jena, Deutschland, geborene Schriftstellerin Antje Babendererde gestaltet hier einen überzeugenden Jugendroman um einen europäischen Jungen. Seit einer Reise 1994 in die USA schreibt sie Romane über das heutige Leben der amerikanischen Ureinwohner für Erwachsene und Jugendliche.

Eindrücklich beschreibt sie Olivers neuen Lebensabschnitt in einem nordamerikanischen Indianerreservat. Wird Oliver sich in seiner neuen Umgebung einleben können?


Schwarzer Hirsch (Black Elk): Ich rufe mein Volk
Sachbuch, Lamuv Verlag, 1998, ISBN 978-3921521410

Schwarzer Hirsch (Black Elk): Ich rufe mein Volk Schwarzer Hirsch (1863-1950) erzählt uns von der Lebensweise seines Volkes und von Zeiten des Glücks. Er erzählt aber auch von schwierigen Zeiten, die mit der Besiedlung des indianischen Landes durch Weisse und dem darauffolgenden Zusammenprall der Kulturen begannen. Indem er uns Einblick in die indianische Sicht dieser Zeitepoche gewährt, verhilft er uns zu einem tieferen Verständnis. Von früher Kindheit an war er Zeuge von Kämpfen zwischen Stammesmitgliedern und den weissen Soldaten.

Black Elk stammte aus einer Familie, die zu den Trägern des spirituellen Erbes der Oglala-Lakota gehörte und aus der viele Medizinmänner hervorgingen. Schon im Alter von fünf Jahren hatte er seine erste Begegnung mit der mythischen Welt der indianischen Urväter. Black Elk wuchs in seine spirituelle Rolle hinein in einer Zeit, in der sich das Leben der Prärie-Indianer in einem epochalen Umbruch befand. Das unaufhaltsame Vordringen der weissen Soldaten und Siedler erschütterte ihre traditionelle Lebensweise, weckte aber auch bei manchen Indianern den Wunsch nach mehr Wissen über die Welt der Weissen. Black Elk wollte mehr über die christliche Religion erfahren, da er darin die Überlegenheit der Weissen vermutete. So unternahm er auch eine Reise nach Europa um mehr darüber in Erfahrung zu bringen.

Im Jahre 1930 erhielt Black Elk Besuch vom preisgekrönten Dichter John Neihardt aus Nebraska, welcher diverse Interviews mit ihm durchführte. Die Interviews bildeten die Grundlage für dieses Werk. Ergänzt wird der autobiographische Bericht durch Erzählungen anderer Lakota.


Mary Crow Dog: Lakota Woman; die Geschichte einer Sioux-Frau
Sachbuch, Deutscher Taschenbuch Verlag, 1998, ISBN 978-3423361040

Mary Crow Dog: Lakota Woman; die Geschichte einer Sioux-Frau Mary Ellen Brave Bird, besser bekannt als Mary Crow Dog, zeigt sich in ihrer aussergewöhnlich kraftvollen Autobiographie als geborene Rebellin. Schon früh kämpfte sie gegen die desolaten Lebensbedingungen ihres Stammes an. Als Mädchen gegen katholische Missionare, später als Jugendliche gegen den Hunger im Reservat und schliesslich gegen die Dominanz der Weissen.

Geboren wurde Mary Ellen Brave Bird 1953 auf der Rosebud Indian Reservation in South Dakota als Lakota-Indianerin in ärmlichen Verhältnissen. Ihre Grosseltern übernahmen ihre Erziehung, sowie traditionelle indianische Verwandte, die der Native American Church angehörten. In den 1960er Jahren besuchte sie ein römisch-katholisches Internat, wo sie 1971 inspiriert durch einen Vortrag von Leonard Crow Dog dem American Indian Movement (AIM) beitrat. Aktiv nahm sie an der Besetzung von Wounded Knee 1973 teil, wo während der Belagerung auch ihr erstes Kind auf die Welt kam. Später heiratete sie das geistliche AIM-Oberhaupt Leonard Crow Dog, mit dem sie drei Kinder hatte. Doch die Ehe wurde bald geschieden. 1991 verheiratete sie sich wieder. Aus der Verbindung mit Rudi Oguin, die ebenfalls nicht lange andauerte, stammen zwei Kinder.

Die Lebensgeschichte von Mary Crow Dog liest sich wie eine Skandalchronik jüngster amerikanischer Geschichte. Was Crow Dog vom Leben in South Dakota berichtet, von Polizeiwillkür und Behördenschikanen gegen Indianer, von offenem Rassismus, ist erschreckend. Der Leser erfährt in diesem spannenden Buch mehr über diese aussergewöhnliche, mutige Frau und über die andauernde Unterdrückung und Diskriminierung ihres Volkes im heutigen Amerika.


Isabel Stadnick: Wanna Waki - mein Leben bei den Lakota
Sachbuch, Wörterseh Verlag, 2009, ISBN 978-3037630075

Isabel Stadnick: Wanna Waki - mein Leben bei den Lakota Isabel Stadnick, die Präsidentin der Lakota-Stiftung, schrieb ihre Erlebnisse in der Pine-Ridge-Reservation nieder. Im Oktober 2009 erschienen sie im Wörterseh-Verlag als Buch, mit einem Vorwort von Federica de Cesco. Zwei Wochen nach der Veröffentlichung war Isabels Buch in der Schweiz bereits der Bestseller Nr. 1 bei den Sachbüchern.

Isabel schildert im Buch ihren persönlichen Weg, von einer ersten Reise zu den Lakota bis zu ihrem Engagement für eine bessere Schulbildung der Lakota-Kinder. Leserinnen und Leser erfahren aber auch vieles über die Geschichte und Kultur der Lakota-Indianer.





Isabel Stadnick: Wo meine Seele wohnt - mein Leben bei den Lakota Im Juni 2011 erschien Isabels Buch unter dem Titel "Wo meine Seele wohnt" als Taschenbuch im Blanvalet Verlag.


















Nora Brägger: Das Rascheln des Präriegrases
Jugendbuch, orte Verlag 2017, ISBN 978-3-85830-220-5

Nora Brägger: Das Rascheln des Präriegrases Mit der Entscheidung, das Buchschreiben als Maturaarbeit zu wählen und mit einem Traum von einem Mädchen und Pferden entstand ein wunderbarer Debütroman, welcher frisch, lebendig und jugendlich daherkommt. Das Rascheln des Präriegrases ist nicht autobiographisch, dennoch verarbeitet Nora Brägger auch ihre Themen, wie Identitätssuche und dem Platz in der Gesellschaft, das Interesse und die Beziehung zu Pferden und ihre Faszination für die Kultur der Indianer. Die Geschichte handelt von der 17 jährigen Samira, die nach Pine-Ridge, eines der ärmsten Indianerreservate Amerikas geschickt wird. Die Eltern hoffen, dass ihre rebellische Tochter weit weg von daheim und in Obhut der Tante auf andere Gedanken kommt. Für Samira beginnt ein neues Leben. Ein Leben zwischen Moderne und Tradition. Auch Samira ist hin- und hergerissen zwischen zwei jungen Männern und zwischen dem vertrauten Leben in der Heimat und einem Neuanfang im Land der unbegrenzten Möglichkeiten.

Nora Brägger, geb. 1996 in Speicher AR aufgewachsen, weilte noch nie in den USA. Trotzdem ist es ihr gelungen ein authentisches Bild über die Lakota und deren Situation zu vermitteln. Wertvoll für den Leser sind auch die vielen geschickt eingebauten Informationen über die aktuelle Lage der Lakota. Ihr Interesse für die nordamerikanischen Indianer hat ihr Vater in ihr geweckt, der selbst in jungen Jahren in Kontakt mit verschiedenen Stämmen der USA gekommen ist.

Derzeit widmet Nora Brägger sich dem Literaturstudium und Grafik design - Studium.





Lakota-Stiftung, 6000 Luzern, Spenden-Konto: IBAN CH12 0900 0000 6059 7406 2