22. April 2011

Kolumne (3): Schöpfungsgeschichte
In den Weleda-Nachrichten erscheint eine dreiteilige Kolumne von Isabel Stadnick über verschiedene kulturelle Aspekte der Lakota-Indianer. Dies ist der dritte und letzte Beitrag, erschienen im Heft 255, 2010.

Im Anfang der Schöpfungsgeschichte der Lakota-Indianer war Inyan, der Stein. Ausser Inyan war auch noch Hanhepi, die Nacht. Aber sie war nur das Schwarze der Dunkelheit. Inyan war damals weich und formlos, und sein Geist war Wakan Tanka, das Grosse Heilige. In Inyans Blut war alle Kraft vereint, und dieses trug die Farbe Blau. Inyan wünschte etwas zu schaffen, das ihm diente, aber dazu musste er etwas von sich, von seinem Geist und seinem Blut hergeben. Er nahm einen Teil von sich und schuf die Erde, er nannte sie Maka. Er gab von seinem Blut, und dieses wurde das Wasser. Doch die Kräfte, die nicht im Wasser sein konnten, trennten sich von ihm und bildeten eine grosse, blaue, runde Kuppel über der Erde, Mahpiyato, den Himmel. Er wurde später im Verlauf der Schöpfungsgeschichte der Richter über allem. Mahpiyato wiederum formte aus einem Teil von Inyan, einem Teil von Maka und Wasser die Sonne, Wi.

Dies ist der Anfang der Schöpfungsgeschichte. Bis heute nennen die Lakota-Indianer Inyan, den Stein, den Vater und Maka, die Erde, die Mutter. Auf der Schöpfungsgeschichte basiert auch der Brauch, einen Stein in einem Anhängerbeutel zu tragen.

Ebenfalls in die Anfänge der Schöpfungsgeschichte gehört Wakinyan. Er ist, wie ein Name erkennen lässt, ein naher Bekannter von Inyan. Seine Stimme ist der Donner und sein Auge der Blitz. Er bringt den Regen und damit das Leben, welches mit dem Geschenk des Wassers verbunden ist. Die grosse Bedeutung des Wassers spiegelt sich auch in der heute noch wichtigsten Zeremonie, der Inipi (Schwitzhütte). Nebst dem Wasser spielen dabei wiederum die Steine eine wichtige Rolle. Die Steine werden im Feuer erhitzt, und wenn sie glühend rot sind, trägt man sie in die Schwitzhütte.

Die eigentliche Inipi-Zeremonie beginnt jedoch damit, dass Wasser auf die heissen Steine gegossen wird; Inyan, der Vater aller Dinge, wird begrüsst und geehrt. Das Wasser erfüllt darauf die Schwitzhütte mit heissem Dampf. Diese Zeremonie findet in einer kleinen, runden, mit Planen, früher mit Büffelhäuten, zugedeckten Hütte statt. Auf diese Weise kann kein Dampf nach aussen entweichen. Während der ganzen Zeremonie wird immer wieder Wasser auf die Steine gegossen. Die Zeremonie folgt einem strikten Ablauf. Der Dampf, das Geschenk des Wassers, reinigt den Körper innen und aussen, stärkt und revitalisiert ihn. Vor allem aber ist die Inipi eine geistig-seelische Reinigungszeremonie, eine Erneuerungszeremonie, aus der alle Teilnehmer im wahrsten Sinne des Wortes wie neu geboren herausgehen. Das Wasser spielt in vielen weiteren Zeremonien eine wichtige Rolle. So beginnen alle Rituale der Lakota-Indianer bis in die heutigen Tage damit, dass zuerst der Westen geehrt wird. Im Westen wohnt Wakinyan, der Bote des Regens, des Wassers und des Lebens.

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